Produktion, Konsum, Recycling
Die nachfolgende Faktensammlung zeigt auf, dass Produktion und Konsum von Plastik – trotz der damit verbundenen Umweltprobleme – immer noch zunehmen. Obwohl der Glaube verbreitet ist, lässt sich das globale Plastikproblem mit Recycling allein nicht lösen; es braucht auch eine Reduktion – im speziellen – von Einwegverpackungen.
Produktion
Produktionsmengen weltweit seit 1950
Zwischen den Jahren 1950 und 2015 wurden weltweit 8,3 Milliarden Tonnen Plastik produziert. Das entspricht mehr als einer Tonne pro heute lebendem Mensch. Den allergrößten Teil machen Einwegprodukte und Verpackungen aus. Nicht einmal zehn Prozent des jemals produzierten Kunststoffes sind recycelt worden.
Heute kommen jedes Jahr weltweit weitere 400 Millionen Tonnen neues Plastik dazu, Tendenz steigend.
Quelle: https://www.boell.de/de/plastikatlas (2019, Seite 15);
Grafik: PLASTIKATLAS | Appenzeller/Hecher/Sack, CC BY 4.0;
Produktionsanteile an der Weltproduktion
Quelle: https://www.boell.de/de/plastikatlas (2019, S. 14)
Ressourcenverbrauch
Nach einem am WEF 2016 vorgestellten Bericht, erfordert die Plastikproduktion rund 8% der weltweiten Erdölproduktion, das ist etwa so viel wie die Luftfahrt verbraucht.
Mit der erwarteten Produktionssteigerung könnten es 2050 schon 20% sein.
Quelle: Artikel auf theguardian.com
Energieverbrauch für die Herstellung einzelner Materialien im Vergleich
Konsum
Verbrauch weltweit
Im Jahre 2019 betrug der weltweite Plastikverbrauch gemäss OECD 460 Mio. Tonnen
Quelle: Artikel auf dw.com
Der Total-Pro-Kopf-Verbrauch an Kunststoffen lag im Jahre 2000 bereits bei 92 kg in Westeuropa, 13 kg in Osteuropa, 130 kg in Nordamerika, 19 kg in Lateinamerika, 86 kg in Japan, 13 kg in Südostasien und 8 kg im Mittleren Osten und in Afrika.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kunststoffindustrie
Prozentualer Kunststoffverbrauch nach Anwendungsgebieten
47% der 2021 in Europa verbrauchten Kunststoffe wurden für Verpackungen verwendet.
Quelle: https://www.ceresana.com/de/marktstudien/kunststoffe/kunststoffe-europa/
Für Verpackungen werden vor allem Kunststoffe eingesetzt. (Beispiel Deutschland):
Quelle: Artikel auf kunststoffweb.de
Verwendung der häufigsten Kunststoffsorten (2019):
Quelle: Plastikatlas, 2.Aufl. 2019, Heinrich-Böll-Stiftung/BUND: https://www.boell.de/de/plastikatlas (S. 11);
Grafik: PLASTIKATLAS | Appenzeller/Hecher/Sack, CC BY 4.0
So lange sind Plastikartikel durchschnittlich in Gebrauch
Quelle: Plastikatlas, 2.Aufl. 2019, Heinrich-Böll-Stiftung/BUND, https://www.boell.de/de/plastikatlas (S. 12);
Grafik: PLASTIKATLAS | Appenzeller/Hecher/Sack, CC BY 4.0
Plastikabfälle / -Recycling
So lange dauert die Zersetzung (im Meer)
Grafik: nabu.de
Weltweit
Kurzinfo
Siehe YouTube-Kurzfilm der Heinrich-Böll-Stiftung
(2019; 1 min): https://youtu.be/3Del63Cbsk4
Magere weltweite Durchschnitts-Recycling-Quote von 9%
Quelle: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2022-02/oecd-bericht-plastik-muell-recycling
Grafik: OECD
Europa
Plastikabfälle europäischer Länder 2020
Quelle: https://www.bazonline.ch/schweiz-zoegert-eu-reagiert-285793030943
Grafik: Sciences Advances 2020
Rund die Hälfte der Plastikabfälle in D stammen von Verpackungen
Quelle : https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/22033.html
Recycling-Quoten in D, A, CH
Die nachfolgend angegebenen Werte sind wegen unterschiedlichem Sammelgut, unterschiedlichen Berechnungsmethoden und Zeitpunkten nicht genau vergleichbar:
Bild: greenpeace.ch
In Deutschland werden 2021 nach neuer Berechnung auf Basis des EU-Durchführungsbeschlusses 2019/665, (bei der nicht vom Recycling-Input sondern vom Recycling-Output ausgegangen wird), rund 35% der Kunststoffabfälle stofflich (überwiegend werkstofflich) verwertet.
Quelle : bkv/CONVERSIO; Artikel auf bkv-gmbh.de (S. 18)
Die PET-Recycling-Quote lag 2019 bei 97%, wovon 38% wieder zu PET-Flaschen verarbeitet wurden.
Quelle: https://www.recyclingmagazin.de/2020/10/30/pet-flaschen-weiterhin-mit-hoher-recyclingquote/
In Österreich betrug die Recycling-Quote für Kunststoff-Verpackungsabfälle (2019) 25%
Quelle: https://www.umweltberatung.at/kunststoffrecycling-und-plastikproblem
In der Schweiz lag die Recycling-Quote bei den PET-Getränkeflaschen im Jahre 2020 bei >82%.
Quelle: UVEK https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/zustand/daten.html
Die grossen Detailhändler nehmen andere leere Plastikflaschen zurück. Die Einführung einer schweizweit einheitlichen Sammlung von Mischplastik ist erst für 2023 geplant.
Unzureichendes Recycling
In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern existieren kaum Sammel- und Verwertungssysteme für Plastikabfälle. Siehe z.B. https://www.umweltdialog.de/de/umwelt/plastik-muell/2021/Plastikmuell-Problemregion-Asien.php
Trotz gewissen Fortschritten im Recycling hat sich von 2000 bis 2020 der jährliche weltweit anfallende Plastikmüll auf 353 Mio. Tonnen fast verdoppelt.
Siehe z.B.: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2022-02/oecd-bericht-plastik-muell-recycling
Viele industrialisierte Länder exportieren immer noch einen Teil ihres Plastikmülls.
Beispiel: Export aus Deutschland
«Es ist oft unklar, wieviel vom exportierten Plastikmüll recycelt, deponiert oder verbrannt wird. Recherchen von Medien und Umweltschutzorganisationen zeigen, dass beim Export die Abfälle häufig unsachgemäß entsorgt werden.»
Grafik: NABU (Verteilung der Zielländer deutscher Plastikmüllexporte im Jahr 2021).
Quelle: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/26205.html
Siehe YouTube-Kurzfilm der Heinrich-Böll-Stiftung
(2020, 5 min):
https://youtu.be/z4RD7-IKVcc
Siehe YouTube-Film des NDR:
«Die Recycling-Lüge» (2021, 1h 16 min):
https://www.youtube.com/watch?v=KD8fcTyjP1E
Downcycling
Das Wort «Recycling» verleitet zur Ansicht, dass aus dem Rezyklat wieder gleiche Artikel hergestellt werden können. Dies ist jedoch in vielen Fällen, z.B. für Verpackungen, die in direkten Kontakt mit Lebensmitteln kommen, in der Regel aus qualitativen Gründen nicht möglich und vom Lebensmittelgesetz auch verboten (Ausnahme: PET-Getränkeflaschen). Daher können die Rezyklate meist nur für geringerwertige Artikel verwendet werden oder müssen zur Eignung für Lebensmittel nochmals mit primärem (Virgin-) Kunststoff beschichtet werden. Das «Recycling» ist somit zum grössten Teil ein «Downcycling».
Siehe auch: https://www.greenpeace.ch/de/handeln/fuer-eine-plastikfreie-zukunft/informiere-dich-ueber-plastikverschmutzung/
Wir können die zunehmende Plastik-Schwemme mit Recycling allein nicht genügend eindämmen, denn mit den enthaltenen Additiven gibt es über 100’000 Abfallfraktionen, die schlicht nicht alle sauber getrennt und separat recycelt werden können. Aus Gemischen entstehen aber nur minderwertige Rezyklate.
Siehe dazu: https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2022/02/plastikrecycling-soll-kein-selbstzweck-sein.html
Viele Kunststoffe (z.B. die meisten Duroplasten und Elastomere sowie mehrschichtige Verbund-Kunststoffe) können auch gar nicht werkstofflich recycliert werden und die Verbrennung von Plastikabfällen behindert uns auf dem Weg zur CO2-Neutralität.
Ausserdem haben laut «Beobachter» die meisten Kehrrichtverbrennungsanlagen einen schlechten Wirkungsgrad (Durchschnitt CH: ca. 27%).
Quelle (2017): https://www.beobachter.ch/umwelt/schweiz-verbrennt-viel-zu-viel-plastik-98915
Dass die Recycling-Quoten nicht beliebig erhöht werden können, lässt sich auch aus der neuen EU-Verpackungsrichtlinie 94/62/EG erahnen, welche für Kunststoffverpackungen bis 2030 eine Quote von lediglich 55% fordert. Siehe dazu: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=LEGISSUM:l21207
Zusammen mit der immer noch wachsenden Produktion und den enormen Umweltauswirkungen auf der ganzen Welt durch Plastikabfälle heisst das in der Konsequenz, wir müssen den Verbrauch eindämmen.
Immerhin wurde an der Weltumweltkonferenz der UNO (UNEA) in der kenianischen Hauptstadt Nairobi im März 2022 von fast 200 Ländern ein Abkommen zur Bekämpfung der globalen Plastikmüllflut unterzeichnet. Die Vereinbarung soll spätestens Ende 2024 rechtsverbindlich werden. Das Resultat bleibt abzuwarten.
Siehe auch: https://www.bmuv.de/pressemitteilung/globales-abkommen-im-kampf-gegen-die-plastikflut-in-greifbarer-naehe