Ein Angebot der Gemeinwohl-Ökonomie Schweiz

für kritische Konsumentinnen und Konsumenten

Newsletter 4 - Juni 2024







Hallo lieber Leser, liebe Leserin


Viele Organisationen und Individuen bemühen sich nach Kräften damit Kunststoffe das Leben auf unserem Planeten nicht mehr einschränken, stören, vergiften, mit unterschiedlichem Erfolg. Hier ist was wir für dich an aktueller Information und Wissen zusammengetragen haben.

Die Gemeinwohl-Ökonomie Schweiz (www.gwoe.ch) mit ihren vier Grundwerten Menschenwürde, Solidarität und soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Demokratie unterstützt mit PLASTIKFASTEN verantwortungsbewusste Konsument*innen. Wir wünschen gute Lektüre!

Plastikabfall-Export "blüht" nach wie vor!

Gemäss OECD hat sich 2000 bis 2019 der jährliche weltweit anfallende Plastikmüll auf 353 Mio. Tonnen pro Jahr fast verdoppelt. Dabei landen ca. 50% davon auf Deponien, ca. 22% werden illegal entsorgt, ca. 19% verbrannt und nur gerade ca. 9% der weltweiten Abfälle werden rezykliert. https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2022-02/oecd-bericht-plastik-muell-recycling (2022)
Die informative Online-Zeitschrift „Infosperber“ berichtet am Beispiel von Myanmar, dass trotz Exportverboten in Europa sowie Importverboten in China, Malaysia, Indonesien, Myanmar und anderen asiatischen Ländern immer noch beachtliche Mengen Plastikabfälle nach Asien verschifft werden. Zwischen 2017 und 2022 seien es gemäss dem Magazin „Frontier Myanmar“ um die 143’000 Tonnen gewesen. Myanmar ist ein von einer Militärjunta regiertes, bitterarmes, mit Bürgerkrieg geschlagenes Land.
https://www.infosperber.ch/politik/welt/muellberge-aus-dem-ausland-stapeln-sich-in-myanmar/ (2024)
https://www.frontiermyanmar.net/en/hard-to-breathe-myanmar-communities-forced-to-live-among-worlds-trash/ (2023)

Österreich, Deutschland und die Schweiz betreiben zwar höchstwahrscheinlich keine illegalen Deponien und exportieren kein Plastikmüll mehr, aber es wird nochmals klar, dass das Abfallproblem weltweit noch lange nicht gelöst ist.

Stand Globales Plastikabkommen

Bereits die vierte Runde fand Ende April 24 in Ottawa (Kanada) statt. Es geht um das weltweite Abkommen, das vor rund zwei Jahren initiiert wurde zum Schutz unserer nichtmenschlichen Mitwelt und der Menschen vor der weiter zunehmenden Plastikflut und deren negativen Auswirkungen.
Zuletzt gab es zwar bei den Zusatzstoffen einige Fortschritte, aber der Widerstand der Erdöl- und Plastikindustrie ist massiv. Das Resultat wird z.B. von ‚Greenpeace‘ und ‚OceanCare‘ als schwach oder ungenügend bezeichnet. Man setzt jetzt die Hoffnungen auf die fünfte Runde, die im November dieses Jahres stattfindet.
https://www.greenpeace.ch/de/story/107774/globales-plastikabkommen-verhandlungen-enden-mit-einem-schwachen-kompromiss/
https://www.oceancare.org/stories_and_news/oceancare-wirksames-globales-plastikabkommen-in-sicht-aber-viel-mehr-ehrgeiz-noetig/
Auch wir haben seinerzeit die Initiative für ein starkes Abkommen unterzeichnet und sind der Meinung, dass insbesondere beim Primärplastik noch deutlich nachgebessert werden muss.

Wir als kritische Konsument*innen können mit stetem Nachfragen bei den Produzentinnen und Händlern sowie mit Druck auf die Politiker*innen nach echt nachhaltiger Ware mit den erforderlichen Rahmenbedingungen/Gesetzen ebenfalls Einfluss nehmen auf das Tempo der Verbesserung. Nutzen wir unsere Chancen - am besten gemeinsam!

Plastik/Partikel und Chemikalien bis ins Herz

Unter diesem Titel fand am 16.Mai 24 in Solothurn eine Fachtagung der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz‘ zum Thema Plastik statt. Es waren kompetente Referent*innen anwesend (von aefu, Food Packaging Forum Zürich, ETH-Zürich, Universität Fribourg, Lebensmittelkontrolle des Kt. Aargau, FIBL Frick und EMPA St.Gallen).
Es wurde deutlich, dass viele Kunststoffe, bzw. deren Zusätze eine noch nicht voll absehbare potenzielle Gefahr sowohl für unsere nichtmenschliche Mitwelt (Gewässer, Böden, Pflanzen, Tiere) als auch für uns Menschen darstellen. Mehr als 13‘000 Chemikalien werden im Zusammenhang mit Plastik verwendet und gewisse kritische Inhaltsstoffe können bei längerem Kontakt auch in Lebensmittel und Arzneimittel migrieren (übergehen). Aber auch Mikro- und Nanoplastikteilchen haben sich unkontrolliert verbreitet und werden auch vom Menschen mit der Nahrung, der Atmung oder über die Haut aufgenommen.
Neuere Arbeiten zu Mikro-/Nanoplastik im menschlichen Körper geben Anlass zur Sorge. Eine kürzlich erschienene Studie italienischer Ärzte im ‘New England Journal of Medicine’ https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2309822 (2024, englisch) legt nämlich eine verkürzte Lebenszeit im Zusammenhang mit Mikroplastik in der Halsschlagader nahe.

Auch die Landwirtschaft hat Probleme mit dem zunehmenden Eintrag von Mikroplastik (z.B. aus Abdeckfolien, Biogasgülle und Abrieb von Autostrassen) in die Böden.
Recyceltes Plastik mit Lebensmittel- oder Arzneimittelkontakt bzw. mit direktem menschlichem Kontakt, wird noch kritischer gesehen.
Scheinbar hinkt auch die Gesetzgebung dem Wissensstand hinterher.
Weitere Infos auf aefu.ch.

Gefährliche Stoffe in Spielsachen

Bei Kinderspielzeug aus Plastik ist Vorsicht geboten, besonders dann, wenn die Teile auch in den Mund genommen werden können oder wenn billige Artikel online bei ausländischen Firmen bestellt werden. Während Händler*innen mit Sitz in der Schweiz auf Basis der Spielzeugverordnung einer kantonalen Kontrolle unterliegen, werden private Bestellungen bei ausländischen Online-Shops kaum kontrolliert. Zusätzlich zur generellen Problematik von Plastik ist es also schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Deshalb ist unsere Empfehlung: Verzichte auf billiges Plastik-Spielzeug.
Siehe auch: https://www.infosperber.ch/wirtschaft/konsum/spielzeug-vor-allem-online-kaeufe-enthalten-giftstoffe/
Infos und Beratung für D: https://www.verbraucherzentrale.nrw/wissen/umwelt-haushalt/spielzeug/spielzeug-ohne-schadstoffe-das-sollten-sie-beim-spielzeugkauf-beachten-6911

Wissen

Bild: pfasfree.org

Was du über die "Ewigkeitschemikalien" wissen solltest: PFAS

PFAS steht für "Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen". Es bezeichnet eine Gruppe mit tausenden von fluorhaltigen synthetischen Chemikalien, die in der Natur ursprünglich nicht vorkommen. Sie werden vor allem wegen ihren fettabweisenden Eigenschaften verwendet. Das Problematische an ihnen ist, dass sie praktisch nicht mehr abbaubar sind (und deshalb als "Ewigkeitschemikalien" bezeichnet werden) und sich in der Natur allmählich anreichern. Sie sind bereits auf der ganzen Welt nachweisbar und wurden auch schon im Blut vieler Menschen oder sogar in der Muttermilch nachgewiesen. Einige dieser Substanzen stehen auch im Verdacht, krebserregend zu sein oder Diabetes Typ 2 und zahlreiche andere Krankheiten verursachen zu können. Über viele andere PFAS weiss man noch zu wenig. In der EU ist geplant, bis 2026 PFAS weitgehend zu verbieten.
Einer der im Alltag bekanntesten PFAS-Vertreter ist wohl Teflon (PFTE). Beim Kochen mit Teflonpfannen ist Vorsicht geboten. Beim Überhitzen können giftige Gase entweichen. Weitere Verwendungsgebiete sind unter anderem Imprägnier-Sprays, wasserabweisende Textilien (z.B. Gore-Tex) und Beschichtungen (z.B. für Fast Food-Verpackungen), Schmiermittel, Feuerlösch-Schaum, Farben, fluorhaltige Skiwachse (welche letzten Winter vom Welt-Skiverband für den Skirennsport verboten wurden) und andere.
Unser Rat: erkundige dich vor dem Kauf solcher Artikel und meide alle fluorhaltigen Varianten.

Mehr Infos:

· Begriffserklärung: https://de.wikipedia.org/wiki/Per-_und_polyfluorierte_Alkylverbindungen

· Dossier BAFU : https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/lebensmittel-und-ernaehrung/lebensmittelsicherheit/stoffe-im-fokus/kontaminanten/per-und-polyfluorierte-alkylverbindungen-pfas.html

· Neue Verbote und Grenzwerte: https://www.infosperber.ch/wirtschaft/konsum/ab-februar-gelten-pfas-grenzwerte-in-fleisch-und-fisch/

Tipps für den Haushalt: https://www.bfr.bund.de/cm/343/ausgewaehlte-fragen-und-antworten-zu-geschirr-mit-antihaftbeschichtung-aus-ptfe-fuer-das-braten-kochen-und-backen.pdf

Good news!

#tide ocean material®

Tide Ocean SA (‘#tide ocean material®’) ist ein Schweizer Unternehmen mit Niederlassungen in Basel, Lengnau, Ranong und Hongkong und stellt aus im Meer gesammeltem Plastikmüll käufliche Artikel, unter anderem Garne für Textilien her. https://www.tide.earth/de/
Auch wenn damit das Plastikproblem nicht gelöst wird, so ist es nach unserer Ansicht doch ein sinnvolles Projekt im Kampf gegen die Plastikverschmutzung der Meere, weil es exemplarisch zeigt, dass man aus Plastikabfall (mit entsprechendem Aufwand) noch etwas Brauchbares machen kann.

Neue EU-Regeln für Verpackungen in Sicht

Der Verpackungsmüll in der EU soll in den kommenden Jahren reduziert werden - bis 2040 um mindestens 15 Prozent im Vergleich zu 2018 (man denk: in 22 Jahren nicht mehr als 15 %!). Bis 2030 sollen Gewicht und Volumen aller auf den Markt gebrachten Verpackungen so weit wie möglich minimiert werden und recycelbar sein. Auch sollen Mehrwegsysteme gestärkt werden (Geschützte Verpackungsdesigns sollen allerdings davon ausgenommen sein). Weitere Massnahmen, wie z.B. kompostierbare Etiketten auf Gemüse und Obst und Verbote für PFAS (siehe oben) und Portionenpackungen sind vorgesehen.
Sobald die Verpackungen zu Abfall werden, sollen sie nach den höchstmöglichen Standards gesammelt, sortiert und recycelt werden. Generell sollen sich die neuen Regeln auf alle Verpackungen beziehen, unabhängig vom Material (Kunststoff, Holz, Eisenmetalle, Aluminium, Glas, Papier und Karton); ebenso auf allen Verpackungsmüll, unabhängig von seiner Herkunft - einschließlich Industrie, Einzelhandel und Haushalte. Außerdem soll klar gekennzeichnet werden, woraus die Verpackungen bestehen und wie sie recycelt oder entsorgt werden können.
Das EU-Parlament hat am 24.04.2024 die neuen Regeln für Verpackungen angenommen. Diese müssen vom Rat noch genehmigt werden, was aber als Formsache gilt. Erst dann können die neuen Vorschriften in Kraft treten.
In der Schweiz ist es leider noch nicht so weit. Zwar wurde im Dezember 23 mit der Revision des Umweltschutzgesetzes die Kreislaufwirtschaft gestärkt und es ist dieses Jahr ein harmonisiertes Sammelsystem für Mischplastik geplant, doch ist der an sich routinemässige Nachvollzug der EU-Regelung noch nicht in Sichtweite.
Weitere Infos:
· https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20240419IPR20589/neue-eu-vorschriften-weniger-verpackungen-mehr-wiederverwendung-und-recycling
· https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/abfallwegweiser-a-z/verpackungen.html#-78822578

Transparente Folien aus Algen

Bild: Jessica Farda
Jessica Farda, eine ehemalige Studentin der Universität St.Gallen, hat in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, einer Verpackungsfirma und weiteren Beteiligten ein Verfahren entwickelt, um aus Meeresalgen transparente Verpackungsfolien herzustellen. Die Folie soll auch im gewöhnlichen Kompost abbaubar sein und eine nachhaltige Alternative zu Plastik werden. Zusammen mit dem Ingenieur Stefan Grieder von der Fachhochschule Nordwestschweiz hat sie im letzten Jahr das Start-up ‚Noriware‘ in Lupfig AG gegründet, wo sie am ‚Upscaling‘ arbeiten und sich auf die Markteinführung vorbereiten. Kürzlich haben sie von der Schweizer Agentur für Innovationsförderung „Innosuisse“ 1,4 Mio Franken Förderbeiträge erhalten, um das Verfahren und das Endprodukt noch weiter zu optimieren. https://www.noriware.com/
Wir finden, dass dies grundsätzlich ein nachhaltiger Ansatz ist und freuen uns an diesem Erfolg. Gute, nachhaltige Alternativen zu erdölbasiertem und auch anderem, biobasiertem Plastik werden dringend gebraucht. Die meisten biobasierten sogenannt „nachhaltigen“ Kunststoffe sind nämlich nicht kompostierbar und/oder werden aus Pflanzen hergestellt, welche aus industrieller Landwirtschaft stammen und dabei die immer wichtiger werdende Lebensmittelproduktion konkurrenzieren. Allerdings sollten für eine bessere Beurteilung noch einige wichtige Punkte, wie z.B. die Oekobilanz und die Auswirkungen von eigens dafür betriebenen Algenfarmen geklärt, bzw. veröffentlicht werden.
Wir könnten uns vorstellen, im Herbst Frau Farda zu einem Webinar einzuladen, um mit ihr das weitere Potential ähnlicher Ersatzstoffe für toxischen Plastik zu erkunden. Bist du interessiert?

Zum Schluss...


· Mehr Informationen und Wissenswertes zu Plastik gibt es auf unserer Website https://plastikfasten.ch/wissenswertes-2/

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Herzlich -
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